Geschichtchen

Ausschuss-Sitzung im Jahre 1954

Es war im Herbst 1954 der neugegründete Ausschuss des M.V. trat zu seiner ersten Sitzung zusammen. Zu dieser ersten Sitzung, bei der es in der Hauptsache um die Durchführung eines Gründungsfestes ging, traf man sich im damaligen Cafe Trissler an der Massenbacher Straße. Nach ausgiebigen Debatten verging die Zeit wie im Fluge. Als 1. Vors. Oswald gegen Mitternacht die Sitzung schloss, stellte man einstimmig fest, dass man den ganzen Abend nicht gegessen hatte. Der Magen knurrte und es wäre unmöglich gewesen, derartig hungrig den Heimweg anzutreten. Außer Torte und Lachsbrötchen hatte das Cafe Trissler zu so später Stunde nichts mehr anzubieten. Ein Lachsbrötchen gegen den Hunger gestandener Mannsbilder, wie es unsere damaligen Ausschussmitglieder waren, war natürlich nicht mehr als der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Der Benjamin des Ausschusses, der damals 18-jährige Jung-Lammwirt Heinz Kleinknecht hatte mit seinen älteren Kollegen Mitleid. Unter dem Tagesordnungspunkt "Verschiedenes" brachte er nachträglich den Antrag ein, die Sitzung im heimischen Lamm fortzusetzen. Nachdem bekannt war, dass dort wenige Tage zuvor ein stattliches Schwein von drei Zentnern das Leben lassen musste, wurde dieser Antrag einstimmig angenommen. Völlig entkräftet erreichte man das Gasthaus "zum Lamm", um es durch den hinteren Eingang zu betreten. Zur Feier des Tages holte der junge Lammwirt einen großen Krug eigenen Gewächses, der besonders guten Freunden vorbehalten war. Dirigent Reinhold Kühlmann setzte sich an's Klavier, um die vom 2. Vors. H. Stutz (sen.) gewünschte "Träumerei" von Schumann zum Besten zu geben. Während die Anwesenden andächtig den von R. Kühlmann meisterhaft vorgetragenen Melodien lauschten, entströmten der lammwirt'schen Küche herrliche Düfte gebratener Würste, die den Anwesenden das Wasser im Munde zusammenlaufen ließen. Es fiel den Anwesenden immer schwerer sich auf Schuberts Träumerei zu konzentrieren, träumte man doch viel mehr den lukullischen Genüssen entgegen. Plötzlich verstummte das Klavier, man hörte nur noch ein begeistertes Aaaaah, als der Lammwirt mit einer riesigen Platte Würste die Gaststube betrat. Man vergaß Schumanns Träumerei und das bevorstehende Gründungsfest und stürzte sich mit Heißhunger auf das leckere Essen. Leider beschränkte sich der Duft besagter Würste nicht nur auf die Küche. Durch die Ritzen der lammwirt'schen Haustüre strömte er ins benachbarte Rathaus, wo der im Erdgeschoss diensttuende Oberwachtmeister G....... bewies, dass nicht nur auf das Auge des Gesetzes, sondern auch auf die Nase des Gesetzes Verlass ist. Mit erhobener Nase erschnüffelte er alsbald die Sachlage und sofort stand für ihn fest, dass es hier eines Einschreitens von Amtswegen bedurfte. Mit umgeschnallten Revolver und dienstlicher Miene beschritt der damals allseits "beliebte" Schupo den Tatort. Während man am Tisch wahre Lobeshymnen auf das selbst eingelegte Sauerkraut der "Lammwirtin" und die in diesem Jahr ganz besonders gut gelungenen Hausmacherwürste sang, öffnete sich die Türe zur Gaststube wie von Geisterhand einen Spalt breit. Weit genug jedoch um mit einem Gesetzes-Auge sofort den Sachverhalt zu erkennen. Das berühmte und gefürchtete Notizbuch wurde gezückt und ohne dass auch nur ein Gast etwas bemerkte, waren rasch alle Namen notiert. Erst jetzt wurde der ungebetene Gast bemerkt. Mit der Feststellung "das kommt Euch teuer zu stehen" betrat er den "Tatort" und belehrte die Anwesenden weiter: "nach dem StGB haben Sie sich des Vergehens der Nachtruhestörung schuldig gemacht". Vor Schreck blieb einigen Freunden die Wurst beinahe im Halse stecken. Alles Bitten half nichts. Das verlockende Angebot des Lammwirts, doch einfach an der Tafel Platz zu nehmen, wurde mit den Worten "Keine Bestechung" abgelehnt. Wie begossene Pudel verließen unsere Freunde das gastliche Haus. Bevor man jedoch auseinander ging, beschloss man einstimmig, das "Lamm" aus Dankbarkeit über so viel Gastfreundschaft zum Vereinslokal zu erklären. Anbei sei noch bemerkt, dass die "Übeltäter" einen milden Richter fanden, der das Verfahren wegen Geringfügigkeit einstellte. Viele Männer dieser ersten Stunden sind nicht mehr unter uns. Der Beschluss, das "Lamm" zum Vereinslokal zu ernennen gilt auch heute noch und wir fühlen uns heute noch so wohl, wie unsere Musikfreunde der aller ersten Stunde. 50 Jahre sind vergangen - ohne Einkehr im "Lamm" wären die "Nachproben" undenkbar.

 

Ein Gründungsmitglied blickt zurück

Mit ein Grund, warum unser Verein ein halbes Jahrhundert erfolgreich überstanden hat, ist die gute Kameradschaft, die schon von Anfang an erfolgreich gepflegt wurde. Es gab auch außerhalb des Musizierens frohe Stunden zu erleben.
An einen jährlichen Auftritt erinnere ich mich noch sehr gerne. Einer alten Tradition zufolge spielten wir am 1. Mai zum "Weckruf". Bereits um 6.00 Uhr traf man sich bei der Frizhalle, um an vorher vereinbarten Plätzen die Bürger unserer Stadt "sanft" zu wecken. Zu dieser Zeit war es bei der männlichen Jugend noch üblich, seiner "Allerliebsten" durch Aufstellung einer Birke seine große Liebe zu zeigen. Deshalb kam es des Öfteren vor, dass die Kameraden zum "Weckruf" kamen, ohne zuvor ein Auge zugedrückt zu haben, weil sie die ganze Nacht damit beschäftigt waren, eine Birke vom Wald zum Haus der "Allerliebsten" zu bringen. 
Beladen mit unseren Instrumenten gingen wir zu Fuß an die vorher festgelegten Plätze. Pünktlich um 6.30 Uhr konnte man von der Kriegsbergsiedlung, wo unser "Weckruf" begann, über ganz Schwaigern hinweg den Marsch "Der Mai ist gekommen" hören. 
Vielen Bürgern war die Zeit dann doch etwas zu früh. Um jedoch ihrer Freude über das Ständchen Ausdruck zu verleihen, wurden an vereinbarten Stellen die Schnapsflaschen deponiert, denn man war damals der Meinung, dass "in der Frühe kein Schnaps, das reine Gift" sei. So kam es, wie es kommen musste: die jungen Kameraden waren den Alkohol nicht gewohnt und zum Bedauern unseres Dirigenten Reinhold Kühlmann sank das Niveau von Platz zu Platz. Es brauchte seiner ganzen Autorität, um allen klar zu machen: "Jetzt ist aber Schluß mit der Trinkerei". Gegen 10.00 Uhr wurde das "Wecken" beendet. Nach diesen anstrengenden Stunden war eine Einkehr im "Lamm" unumgänglich, nicht ohne vorher dem Lammwirt noch schnell ein Ständchen zu bringen. In späteren Jahren lud Viktor Kubsch die Musiker zum Umtrunk in seinen Garten ein. Meistens war es dann später Nachmittag, bis wir den Heimweg antraten, "liebevoll" empfangen von unseren Frauen. Sehr gerne hätten sie mit Vater und Kindern eine Maientour unternommen, der Vater sehnte sich nach diesen Strapazen nur noch nach dem "wohlverdienten" Mittagsschlaf und auch sonst war in der Regel nicht mehr viel mit ihm anzufangen. 
Schon damals waren die Musiker bekannt dafür, immer wieder neue Ideen zu entwickeln. So beschloss man eines Tages, den "Weckruf" in Zukunft motorisiert abzuwickeln. Zum einen um sich nicht weiteren Strapazen auszusetzen, zum anderen um noch mehr Plätze aufsuchen zu können, damit noch mehr Bürgern unserer Stadt an diesem Tag eine Freude bereitet werden konnte. Der damalige Fahrlehrer Rudi Lipps war passives Mitglied im Musikverein und er sagte uns spontan zu, einen LKW zur Verfügung zu stellen. Am nächsten 1. Mai kam es also zur Premiere. Herr Lipps fuhr den LKW selbst. Vorher wurde die Ladefläche mit Brauereibänken bestückt, auf denen die Musiker samt Instrumenten Platz nahmen. Der Versuch lief gut an bis Herr Lipps wegen einer über die Straße springenden Katze eine Vollbremsung hinlegen musste. Durch diese Aktion rutschten die Bänke einschließlich der darauf sitzenden Musiker nach vorne. Der soeben gespielte "Maimarsch" fand ein jähes Ende in einem Knäuel von Musikern und Instrumenten, die alle auf dem vorderen Teil der Ladefläche landeten. Dieses Missgeschick wiederholte sich dann in abgeschwächter Form noch öfters und schwer gebeutelt mussten wir einsehen, dass der motorisierte Weckruf doch keine so gute Idee war. Irgend wann beschlossen wir, den "Weckruf" auszusetzen, um uns an diesem Tag vor allen Dingen unseren Familien zu widmen. Als Wiedergutmachung besuchten wir mit unseren Familien den vom Akkordeon-Orchester veranstalteten "Tanz in den Maien" oder das gemeinsam von Akkordeon-Orchester und Liederkranz veranstaltete Maikonzert in der Frizhalle. Noch heute erinnern wir uns gerne an diese schöne Zeit.
In den früheren Jahren ging bei den Festen der benachbarten Musikkapellen, die von uns regelmäßig besucht wurden, meistens ein Festzug oder zumindest ein "Sternmarsch" voraus. So bestand unser Dirigent darauf, jedes Jahr im Frühjahr eine Marschprobe durchzuführen. Um die Freude an diesen Proben zu fördern, wurde daraus ein richtiges Fest gemacht. Am Sonntag Vormittag fuhren wir hinaus ins Gewann "Webert". Dort gab es zu dieser Zeit schon asphaltierte Feldwege, auf denen man gut marschieren konnte. Der Sonntag wurde zu einem richtigen Familienfest. Die Kinder liefen bereits beim Marschieren hinter der Musik her oder sie hielten sich am Vater fest. Die Frauen freuten sich, dass an diesem Sonntag die Küche kalt blieb. So traf man gegen Mittag beim Grundstück von Hermann Stutz ein. Bis die Musiker müde dort ankamen, hatten die Frauen bereits den Grill angeheizt und den Tisch für das gemeinsame Mittagessen gedeckt. Bei guter Stimmung erlebten wir dann bis zum späten Nachmittag schöne und harmonische Stunden. 
Auch für den Gesamtverein gab es jedes Jahr ein "Feschtle". Jung und Alt trafen sich auf der Wiese vom "Lammwirt" Heinz Kleinknecht im Gewann "Rahmäfele". Für die Kinder und die Erwachsenen wurde einiges geboten. So wurden Fußballturniere veranstaltet, bei denen Väter und Söhne gemeinsam um Siege kämpften. Für Essen und Trinken war reichlich gesorgt. Für die Kinder gab es die verschiedensten Spiele, sodass auch diese schöne Tradition zu einem echten Familienfest wurde. Später wurde das Fest in den Steinbruch beim "Neuen Berg" verlegt. 
Schöne Stunden erlebten die Musiker auch im badischen Stebbach, das damals noch selbständig war. Unser Musikkamerad Erwin Zundel hatte ein Mädchen namens Elke gefreit und durch ihn bekamen wir Kontakt zur dortigen Feuerwehr, zu deren Winterfeier die Stadtkapelle verpflichtet wurde. Die Stebbacher waren begeistert und es wäre unmöglich gewesen, alles zu trinken, was uns spendiert wurde. Höhepunkt war der "Ferbeliner Reitermarsch", auch bekannt als "Wir wollen unseren alten Kaiser Wilhelm wieder haben", für den wir eigens vier Fanfaren angeschafft hatten. Das Publikum war so begeistert, dass wir dieses Stück mehrmals am Abend spielen mussten. Einer der Besucher spendierte der Kapelle ein volles Tablett mit Wein und stellte dies auf die Bühne. Der damalige 1. Vorsitzende Hermann Stutz sen., der in Stebbach gut bekannt war, muss das Tablett wohl übersehen haben und bei einem Schritt nach vorne mit seinen Schuhen (Schuhgröße 45) trat er mitten ins Tablett. Kein einziges Glas hat die Attacke überstanden.
Einmal feierte die Stebbacher Feuerwehr ein Jubiläum bei dem die Stadtkapelle natürlich nicht fehlen durfte. Die Stebbacher Fans waren wieder restlos begeistert. Ein heimischer Landwirt war ganz besonders von der guten Stimmungsmusik angetan. Er hatte an diesem Tag von seinem Viehhändler das Geld für ein kurz zuvor verkauftes Kalb bekommen und mit den Worten "Das Geld wird heute umgesetzt" zog er einige blaue Geldscheine (100-Mark-Scheine) aus der Brieftasche. Unsere Freunde hielten das für einen Scherz, der Bauer aber schwor bei "allem, was mir heilig ist" dieses Versprechen einzuhalten. Allerdings stellte er eine Bedingung: Die Schwaigerner Musiker durften nicht nach Hause gehen, bis die letzte Mark aufgebraucht war. Auf vielseitigen Wunsch der Einheimischen musste mehrmals das "Badener Lied" gespielt werden, bei dem unsere badischen Freunde mit der rechten Hand am Herzen, stehend, mit großer Inbrunst "Ich grüße Dich mein Bad'ner Land" sangen. So verging die Zeit im Flug und die Brieftasche des Bauern wollte einfach nicht abnehmen. Zu Hause wunderte sich schon einige Frauen, dass ihre Männer am Montag Früh nicht zu Hause waren und somit auch nicht zur Arbeit gehen konnten. Handys gab es zu dieser Zeit noch nicht, auch kaum Telefonzellen, und so wussten die Frauen auch nicht recht, wo sie sich nach dem Verbleib ihrer Männer erkundigen sollten. Als am Montag Nachmittag die Männer immer noch nicht erschienen waren, wollte man schon zur Polizei gehen und eine Vermisstenanzeige aufgeben, als von einem Fernfahrer die Nachricht kam, dass der auf der Fahrt von Gemmingen nach Schwaigern eine Gruppe Musiker ausgemacht habe, die, wie könnte es auch anders sein, sich mit Marschmusik ihrer Heimat näherten. Natürlich hing bei allen der "Haussegen" für einige Tage recht schief. Erst als alle allen Ernstes versicherten, dass so etwas nie mehr vorkommen würde, hat man ihnen verziehen. Trotz allem schwärmte man noch viele Jahre von den schönen Stunden in Stebbach mit seinen liebenswerten Bürgern. So konnten wir einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Verbrüderung der erst im Jahre 1953 verschmolzenen Länder Baden und Württemberg leisten, der von unseren Musikkameraden Theodor und Erwin Zundel bis heute fortgesetzt wird. Kommen die beiden doch schon seit der Vereinsgründung jede Woche über die "Grenze" zur Probe nach Schwaigern.
-Hermann Stutz-

 

dem Lammwirt zum 60. Geburtstag

Aus Anlass des 60. Geburtstag unseres Ehrenmitgliedes und jetzigen "Alt-Lammwirt" Heinz Kleinknecht hat der damalige 1. Vors. Hermann Stutz jun. folgendes Gesicht ihm zu Ehren verfasst:


Heut wird der "Lammwirt" 60 Jahr,
mit ihm feiert eine große Schar,
in die Reihen der Gratulanten,
stellen sich auch die Schwaigerner Musikanten.
Wir bringen Dir ein Ständchen heut,
und hoffen dass es Dich auch freut -
Was wäre es doch fad, seitens unseres Vereins,
gäbe es da nicht den Lammwirts Heinz.
Er war, und das ist wirklich wahr,
jüngstes Ausschussmitglied mit 18 Jahr.
Damals waren junge Leute gefragt,
denn viel öfter als heute hat man damals getagt.
Die Sitzungen und Nachsitzungen nahmen immer den selben Verlauf-
Beim Nachhausegehen ging meistens schon die Sonne auf.
An diese Tatsache gewöhnt sich erst allmählich, 
der damalige Oberwachtmeister Gmehlich.
Mehrmals störte er die frohe Runde,
wegen Überziehung der Polizeistunde.
So manches Mitglied verlor fasst sein Gesicht.
Einige landeten sogar vor dem Friedensgericht!
So sag ich heute und das ist nicht übertrieben,
im "Lamm" wurde Jahrzehnte lang Vereinsgeschichte geschrieben. 
Auch heute noch, ich sag es ganz ehrlich -
ist das "Lamm" für uns unentbehrlich.
Auch wenn wir nicht mehr die Ausdauer haben und die Kraft-
Viele trinken bloß noch Apfelsaft
Nach den Proben Nachhause zu gehen fällt uns nicht ein im "Trom"
Im Lamm gefällt's uns, da sind wir dahom!
Am schönsten ist es immer wieder,
setzt Du Dich an das Klavier und spielst unsere alten Lieder -
da kommt keiner mit, da kommt keiner ran,
Du bist fast so gut wie der Kleidermann.
Lieber Heinz, wie wünschen Dir heut zu Deinem Feste,
von Herzen bloß das Allerbeste,
Gesundheit, Zufriedenheit, allzeit viel Freud -
Manchmal vielleicht a bissle mehr Zeit!
Zeit Dich zu freuen und Zeit um zu Lachen,
es gibt doch im Leben so viele schöne Sachen.
Behalte Dein' Humor, bleib im Geiste jugendlich und frisch,
lieber Heinz, bleib ganz einfach so wie Du bisch -
Hei! Das wär von uns doch recht vermessa,
hätten wir ein Geschenk für Dich vergessa-
hier hab ich was, also ich finde es Spitze,
gemalt vom Hermann - meinem Vize.
Ich hoffe Du hast es noch nicht - ich hab ein bischen Bammel,
Du bist nun im Besitz eines echten Hammel.